ausstellung01

Nicht vergeben - nicht vergessen!

Veröffentlicht am 21.1.2024

In der Projektwoche des Projektkurs Kunst & Geschichte, den die Schule in Kooperation mit dem Kulturforum Alte Post durchführt, entstand ein großer Teil der Werke. Paul Brandmann und Martin Scheufens unterstützen ihre Schüler:innen dabei, die Erlebnisse zu be- und verarbeiten.

Die Werke der jungen Leute, in der sie nicht nur die Fahrt verarbeiten, sondern auch einen Kontrapunkt gegen die immer lauter werdenden Töne von Rechts setzen möchten, werden zur Zeit im Romaneum in Neuss ausgestellt. Zur Eröffnung der Ausstellung am vergangenen Samstag begrüßten zunächst Eva Rottstedt vom Kulturforum Alte Post und Britta Heiermann die Gäste, bevor sie das Wort an die Schüler Arya Ahmad und Matthias Simon übergaben, die in ihrer hervorragenden Rede die Wahl des Titels „Nicht vergeben - nicht vergessen!“ erläuterten. „Der Mensch vergibt gerne und schnell“, so Arya, „aber es gibt Taten, die man nicht vergeben und nicht vergessen darf“. Mit der Ausstellung möchten die Schüler:innen die Besucher dazu auffordern, alles dafür zu tun, dass eine solch menschenverachtende Verfolgung von Minderheiten nie wieder geschehen kann. Sie appellierten an die Anwesenden, sich von Angst und Wut nicht in die Arme derer treiben zu lassen, die auch heute Hass und Hetze verbreiten wollen und sich jeglicher Form der Intoleranz entgegenzustellen.

Nach der Eröffnung standen die jungen Künstler:innen den Besuchern Rede und Antwort zu ihren Werken. Die zahlreichen Gäste nahmen die Gelegenheit gerne wahr, einige ließen sich fast jedes einzelne Werk erklären, so zum Beispiel der Anwalt Dr. Richter, der die Verlegung der Stolpersteine für Melanie und Leopold Sontheim angeregt und auch aus Berlin zur Eröffnung der Ausstellung gekommen ist. Marlene Conrads vom Heimatverein Reuschenberg, Cornel Janßen von der FDP Neuss und Claus Richter, ehemaliger Leiter der Alten Post ließen es sich ebenfalls nicht nehmen, der Eröffnung beizuwohnen. Für das Stadtarchiv, das die Schüler:innen bei ihren Recherchen unterstützt hat, waren Dr. Annekatrin Schaller und Dr. Jens Metzdorf gekommen.

Eine besondere Freude war es, Dr. Martin Hamburger von der Bethe-Stiftung zu begrüßen. Die Stiftung fördert unter anderem die Erinnerung an die Opfer des Holocausts und hat unserer Schule Unterstützung bei zukünftigen Gedenkstättenfahrten zugesagt, so dass diese auch für kommende Jahrgänge gesichert sind.

Für ihre Projekte wählten die jungen Erwachsenen unterschiedliche Perspektiven und Darstellungsweisen. Rosalies Werk führt uns direkt in ein Krematorium, in dem Menschen vergast werden. Und der Spiegel in der Mitte der Leinwand? „Ich möchte damit ausdrücken, dass es jeden von uns hätte treffen können.“ , sagt die Schülerin. Alina gestaltete ein dreidimensionales Projekt, in dem sie sich mit der Kultur der Verdrängung nach 1945 auseinandersetze, Emily und Laurent stellten in einer Kommode ihre Recherchen zum Schicksal einer gesamten Familie eindrucksvoll dar.

Andere Schüler:innen recherchierten zu Personen wie Maximilian Kolbe, Primo Levi oder Oskar Schindler und setzten dies sowohl künstlerisch, als auch informativ um. So gestalteten Jamila und Eduarta ein Porträt Schindlers aus den Namen der Menschen, die er vor dem Tod im Konzentrationslager gerettet hat. Wieder andere wählten einen sehr persönlichen Weg: Wiktoria beschäftigte mit der Geschichte ihres polnischen Urgroßvaters, der gegen seinen Willen in die Wehrmacht eingezogen worden war und Zeit seines Lebens Anschuldigungen als Kollaborateur ertragen musste. „Das Thema wird in Polen noch immer sehr kontrovers diskutiert.“ erklärt sie. Matthias wiederum beleuchtet mit seinem Triptichon die Verfolgung Homosexueller unter der Herrschaft der Nationalsozialisten.

Während des Besuches in Auschwitz beschlich den jungen Mann der beklemmende Gedanke, wie er sich fühlen würde, wenn sein Geliebter hier interniert wäre. Eine gelungene plastische Arbeit, in der einer Figur das Herz herausgerissen wird, drückt seine Gefühle aus. Es ist Teil des Tryptichons, in dessen zentralen Bildnis die „pinke Liste“, eine Liste mit den zu verhaftenden Homosexuellen thematisiert und bildlich unter den Teppich gekehrt wird. Im linken Flügel wird im Stil eines klassischen Gemäldes ein Stiefel gezeigt, der einen Granatapfel - hier Symbol für Sexualität und Leben - zertritt. Klappt man das Gemälde zur Seite, findet man eine Collage aus Fotos homosexueller Paare des frühen 20. Jahrhunderts, die im Nationalsozialismus verfolgt werden. In der Mitte ein Gedicht, das mit der Zeile „Ich bin schwul.“ beginnt. Eine sehr ausdrucksstarke Arbeit.

Auch die Recherchen einer Gruppe zum Neusser Juden Leopold Sontheim wurden in der Ausstellung zusammen mit einem gelungenen Kurzfilm zu Stationen seines Lebens. Wie schon bei der Verlegung der Stolpersteine für Leopold und Melanie Sontheim im Dezember, wurde auch hier deutlich: Leopold Sontheim war ein Kämpfer der immer für seine Rechte eingestanden und nie resigniert hat.

Noch viele weitere Gemälde, Plastiken und Installationen komplettieren die sehr sehenswerte Ausstellung in den Gängen im 1. und 2. Stock des Romaneums, die noch bis zum 26.01.24 zwischen 9 und 18 Uhr besucht werden kann. Ein Besuch lohnt sich in jedem Fall.

von Ina Purcell und Martin Scheufens 

 

Sehen Sie hier die bemerkenswerte Eröffnungsrede von Alya und Matthias

https://youtu.be/qvaz-QR8Z_8?si=4An533XVRUaN_U2m